131 nachdenkliche Hühner
«Wir brauchen niemals einen Therapeuten», sagt Priska. «Wir nehmen alles auf, verarbeiten es und schaffen daraus unsere Werke.» So auch bei Claudios Kieshühnern aus Nolla-Kies. «Als wir noch in Andeer wohnten, hatten wir Hühner in der Nähe, die von einem alten Mann gehirtet wurden. Wir nannten ihn nur den Hühnermann. Er gab uns immer Eier – und bei den Hühnern war ein Hahn, der immer krähte.»
Jetzt – in Sils – entstehen die Kieshühner. Immer wenn Priska mit Buddha spazieren geht, holt Claudio den Kies aus der Nolla. «Ich tu das oft, dass ich Material aus der Gegend nehme – und daraus habe ich dann meine Werke gestaltet.» Dabei geht es ihm darum, dieses Material in eine andere Form zu bringen, es zu verzerren, wie es der Zeit gemäss ist. So werde aus dem Naturprodukt Kies – «fast noch nachhaltig» – mit dem Epoxidharz als Werkstoff unserer Zeit eben ein Huhn. Auch das übergrosse Spatzenweibchen gehört zu diesen Tieren oder die aus Beton gegossenen und beschichteten Murmeltiere.
Kindergärtnerin und Maschinenzeichner
Kindergärtnerin Priska erzählt: «Im Seeland machte ich einige Ausstellungen, auf dem Twannberg, im Kongresshaus – und ich spezialisierte mich auf soziale Kunstprojekte, etwa auf einen Zirkus, dem es damals nicht gut ging, oder das Pfarrerhaus in Zürich oder die Stiftung AIDS und Kind. Die Werke wurden verkauft, die Einnahmen waren für die Kinder.» Schwab bildete sich bei Bettina Egger zur humanistischen Kunsttherapeutin aus. «Ich arbeitete mit den Kindern aus dem Kinderhort der katholischen Kirche und machte mit ihnen Maltherapie. Aber ich kam schnell davon weg, ihre Bilder interpretieren zu wollen – Kinder haben so viel Fantasie und es ist ehrliche Kunst.» Wie sie selber zur Kunst kam? «Ich habe einfach eine Erinnerung an meinen Lehrer in der Primarschule. Wir sollten ein Kirchenfenster malen und ich malte ein Blatt mit einer Schlange drauf, da sagte er: Du wirst mal Künstlerin und daran denke ich noch heute.» Claudio lernte sie auf Facebook kennen: «Ich schrieb ihm: Kannst du keine andere Kunst machen?» – «Und ich dachte mir: Da hat jemand eine freche Schnauze und sagt, was sie denkt und was sie fühlt. Es wäre ja auch komisch, wenn ein Werk allen gefallen würde.» So lernten sich die beiden kennen. «Und als meine Mutter starb, fragte ich mich, was will ich noch hier in Biel, also zog ich nach Graubünden, wo es mir gefällt, auch wenn mir der Bielersee manchmal hier schon etwas fehlt.»
Auch Claudio begann in einem «seriösen» Beruf, als Maschinenzeichner bei Ems Chemie. Das sieht man seinen Werken teilweise heute noch an. «Es war eine technische Grundausbildung, ein Handwerk, und es ist heute eine gewisse Basis für meine künstlerische Arbeit, die Ausbildung vermittelte mir die nötigen Kenntnisse. Nachher wechselte ich aber relativ schnell zum Archäologischen Dienst, wo ich zum
wissenschaftlichen Zeichnen kam.» Das Ziel dort war die möglichst klare, naturgetreue Wiedergabe von Objekten und Fundstücken, was genaues und exaktes Zeichnen voraussetzt – auch das prägte die späteren Werke. «Das zieht sich als roter Faden durch meine Arbeit. Ich durfte zum Beispiel die Ausgrabungsstätte in Domat Ems während der Eisenzeit visualisieren. Dazu musste alles aufgearbeitet und in Form von Bildern dokumentiert werden, um das Ganze wissenschaftlich darzulegen. Diese Arbeit gibt es so heute nicht mehr. Das wird heute alles fotografisch erfasst und nachher am Computer bearbeitet.»